Jan 23, 2025

Von Start-ups lernen # 2

Von der Pioniermarke zum Social Media Star: Die Dr. Hauschka Success Story

Von Start-ups lernen # 2

Die Marketing-Davids: Von Start-ups lernen (Teil 2)

Runde zwei unserer Content-Serie über mutige Marketing-Davids! Nach dem überwältigenden Feedback zu unserem ersten Teil freuen wir uns riesig, euch heute eine ganz besondere Geschichte zu präsentieren. Denn manchmal findet man die besten Start-up-Learnings ausgerechnet bei Unternehmen, die längst keine Start-ups mehr sind - die aber genau so anfingen. Ein perfektes Beispiel dafür ist Dr. Hauschka.

Nr. 2: Was heute ein Paradebeispiel für innovatives Social Media Marketing ist, begann 1935 als das, was man heute ein typisches Start-up nennen würde: In einem kleinen Labor experimentierte der Chemiker Rudolf Hauschka mit natürlichen Inhaltsstoffen und einer revolutionären Vision. Er wollte die Kosmetikbranche grundlegend verändern - weg von synthetischen Produkten, hin zu naturbasierter Pflege. Mit wenig Kapital, aber umso mehr Überzeugung gründete er das WALA Heilmittel-Laboratorium. Seine "Disruption" des Beauty-Marktes nahm ihren Anfang in einer Zeit, als kaum jemand an das Potenzial natürlicher Kosmetik glaubte.

Was damals als visionäres Ein-Mann-Unternehmen startete, zeigt heute exemplarisch, wie eine ursprüngliche "Garagenfirma" durch konsequente Wertetreue und cleveres Marketing zu einer globalen Kultmarke aufsteigen kann. Die Geschichte von Dr. Hauschka ist dabei nicht nur ein Beispiel für perfektes Timing, sondern auch für die erfolgreiche Transformation eines Traditional Players in der digitalen Ära.

Der ungeplante Weg zum Kultstatus

1967 präsentierte das Unternehmen seine erste Kosmetikserie - in einer Zeit, als synthetische Inhaltsstoffe den Markt dominierten. Jahrzehntelang blieb Dr. Hauschka ein Geheimtipp in Reformhäusern und Naturkostläden. Doch dann geschah etwas Unerwartetes: Die Rose Cream, ursprünglich als reichhaltige Pflege für trockene Haut entwickelt, wurde zum Beauty-Favoriten in Hollywood. Als bekannt wurde, dass Stars wie Julia Roberts und Jennifer Aniston auf die Creme schwören, erlebte die Marke ihren ersten großen Popularitätsschub.

Dieser organisch gewachsene Kultstatus erwies sich als perfektes Timing für die aufkommende Clean Beauty Bewegung. Dr. Hauschka musste seine Produkte nicht an neue Trends anpassen - die Marke verkörperte bereits seit Jahrzehnten, wonach die Konsument:innen nun verstärkt suchten: Natürlichkeit, Nachhaltigkeit und Transparenz.

Die Social Media Evolution: Minimalismus trifft auf Glamour

Besonders faszinierend ist Dr. Hauschkas dualer Ansatz in den sozialen Medien. Der offizielle Instagram-Account der Marke präsentiert sich bewusst minimalistisch und clean: klare Linien, viel Weißraum, eine ruhige Bildsprache. Keine schrillen Farben, keine effekthascherischen Posts - stattdessen eine visuelle Ruhe, die die Naturverbundenheit und Klarheit der Marke widerspiegelt.

Doch parallel dazu zeigen die Influencer:innen-Partnerschaften eine ganz andere, überraschend vielseitige Seite der Marke. Wenn Nike van Dinther glamouröse Silvester-Make-up-Looks mit Dr. Hauschka Produkten kreiert, die Beauty-Expertin Marsha Tellegen professionelle Schmink-Tutorials postet oder Romina Küper moderne Lifestyle-Contents erstellt, entsteht ein faszinierender Kontrast zum offiziellen Markenauftritt.

Diese scheinbare Diskrepanz ist dabei kein Zufall, sondern Teil einer klugen Strategie: Während der eigene Account die Markenwerte von Natürlichkeit und Klarheit verkörpert, demonstrieren die Influencer:innen-Inhalte die Vielseitigkeit und moderne Anwendbarkeit der Produkte. Die Botschaft: Naturkosmetik kann sowohl puristisch als auch glamourös sein.

Die Persönlichkeiten hinter dem Erfolg

Die Auswahl der Partner:innen zeigt dabei eindrucksvoll, wie vielfältig moderne Naturkosmetik sein kann:

Romina Küper bricht als Schauspielerin bewusst mit dem naturbelassenen Image der Marke. Wenn sie auf einem Münchner Event mit knallblauem Lidstrich und künstlerisch inszenierten Make-up-Looks erscheint, zeigt sie eine völlig neue, fast avantgardistische Seite von Dr. Hauschka. Ihre Instagram-Präsenz ist dabei weit entfernt vom klassischen Influencer:innen-Content - stattdessen teilt sie kunstvolle Bildausschnitte aus ihrem Leben, die die Produkte in einen überraschend modernen Kontext setzen.

Das Plus Size Model Marsha Tellegen wiederum bringt eine ganz besondere Energie in die Markenkommunikation. Mit ihrer direkten, humorvollen Art macht sie Naturkosmetik für ein junges, urbanes und diverses Publikum zugänglich. Ihre authentische Präsenz in den sozialen Medien, wo sie Beauty-Routinen mit Entertainment verbindet und dabei stets nahbar bleibt, verkörpert perfekt Dr. Hauschkas Ansatz, Natürlichkeit modern und zeitgemäß zu interpretieren.

Nike van Dinther, die durch ihren einflussreichen Blog "thisisjanewayne" bekannt wurde, bringt eine starke feministische Perspektive ein. Als Aktivistin für Frauenrechte verbindet sie in ihren Posts aus dem Berliner Alltag Schönheitspflege mit gesellschaftlichem Engagement. Ihre thoughtful Posts zeigen, dass Naturkosmetik und gesellschaftliche Verantwortung Hand in Hand gehen können.

Die Erfolgsfaktoren der Influencer:innen-Strategie

Diese vielfältige Auswahl an Markenbotschafter:innen zeigt, dass Dr. Hauschka bewusst auf Persönlichkeiten setzt, die mehr als "nur" Influencer:innen sind. Jede bringt ihre eigene Geschichte und Perspektive ein, die weit über klassische Beauty-Themen hinausgeht. Diese Authentizität und Vielschichtigkeit macht die Kommunikation besonders glaubwürdig.

Kreative Freiheit steht an erster Stelle. Anders als viele große Kosmetikmarken gibt Dr. Hauschka seinen Content Creator:innen außergewöhnlich viel gestalterischen Spielraum. Diese Freiheit führt zu authentischen Inhalten, die die Vielseitigkeit der Marke unterstreichen, ohne ihre Kernwerte zu verwässern.

Was andere Unternehmen daraus lernen können

Dr. Hauschkas Geschichte zeigt: Auch ohne Hollywood-Unterstützung ist nachhaltiger Social-Media-Erfolg möglich. Besonders kleinere Unternehmen können von dieser Strategie lernen:

Authentizität lässt sich systematisch entwickeln. Der erste Schritt ist, die eigene, einzigartige Geschichte zu identifizieren - sei es die Unternehmensgründung, bewegende Kund:innen-Geschichten oder prägende Unternehmenswerte.

Für die Content-Strategie empfiehlt sich eine ausgewogene Mischung aus Edu-Content zur Wissensvermittlung, Community-Content zum Beziehungsaufbau und Brand-Content zur Wertekommunikation. Dabei sollte der eigene Kanal eine klare Linie verfolgen, während Influencer:innen-Partnerschaften für Vielfalt in der Darstellung sorgen.

Besonders interessant für kleinere Unternehmen ist der Fokus auf Micro-Influencer:innen mit 5.000 bis 30.000 Follower:innen. Diese Content Creator:innen haben oft eine besonders engagierte Community und können authentischer über Produkte berichten als große Stars.

Fazit: Der Mut zum Loslassen als Schlüssel zum Erfolg

Dr. Hauschkas größte Stärke liegt vielleicht genau darin, was viele Marketingverantwortliche fürchten: im Kontrollverlust. Die Marke hat verstanden, dass authentische Kommunikation nur durch echte kreative Freiheit entstehen kann. Statt ihre Influencer:innen mit detaillierten Briefings und strengen Vorgaben einzuschränken, vertraut Dr. Hauschka darauf, dass jede:r Content Creator:in die Marke auf seine:ihre ganz eigene Art interpretiert.

Dieser Mut zum Loslassen zahlt sich aus: Während der eigene Instagram-Account minimalistisch und klar die Markenwerte transportiert, entstehen durch die freie kreative Interpretation der Influencer:innen überraschende, spannende und manchmal sogar gewagte Inhalte. Von Romina Küpers künstlerischen Make-up-Experimenten über Marsha Tellegens body-positive Beauty-Content bis zu Nike van Dinthers feministischer Perspektive - jede Interpretation bereichert die Marke um eine neue Facette.

Diese Strategie zeigt: Der Schlüssel zum Erfolg liegt nicht in der perfekten Inszenierung und Kontrolle jedes einzelnen Posts, sondern im Vertrauen auf die kreative Kraft authentischer Markenbotschafter:innen. Wer den Mut hat loszulassen, wird mit einer Vielfalt belohnt, die keine Marketing-Abteilung der Welt so planen könnte.